Ein warmer Frühlingsabend im Jahr 1946, ein kleines Café im Gassengewirr nahe dem Teatro Colón in Buenos Aires. Gedämpftes Stimmengewirr mischt sich mit dem Klirren von Geschirr, während die Laternen langsam zu glühen beginnen.
Ein gesetzter Herr im amerikanischen Anzug drängt sich durch den Strom der Operngänger und steuert auf einen Vierertisch mit einem freien Platz zu. Einer aus der Runde steht auf und geht auf ihn zu: „Senor Villa-Lobos, nehme ich an?“ „Heitor bitte! Sie müssen Carlos sein! “ Guastavino bejaht und stellt weiter vor: „Astor Piazzolla – un Bandoneónista -, Alberto Ginastera…“ – „si,si“ unterbricht Villa-Lobos, „wir kennen uns! Ich kam mit ihm im gleichen Flug aus New York!“
Man bestellt, tauscht Reiseerfahrungen aus. Dann kommen sie langsam auf die Musik, ihre gemeinsame Liebe. Die drei jungen Leute, noch in den Zwanzigern und Dreißigern, lauschen bewundernd, fast ehrfürchtig, dem berühmten Villa-Lobos, der auf die 60 zugeht und morgen Abend im Téatro Colòn dirigiren wird:
„Ihr steht ja noch am Anfang! Euch steht die Welt der Länder offen und die der Musik! Greift zu! Geht hin, nein: stürmt raus! Schreibt, spielt!“ Villa-Lobos lehnt sich zurück. „Schaut mich an! Ich habe von Liedern bis zu Sinfonien alles geschrieben. Und ich sage euch: das macht euch unsterblich!“
Ginastera lächelt dünn. „Sie – äh, du hast mit deiner Folkloresammlung etwas für die Wissenschaft getan. Aber wir? Auch ein bisschen Folklore, ja, aber auch viel Alltagszeug bisher. Astor hier macht mit seinem Bandoneon mehr Furore als mit Noten. Carlos schreibt Lieder, das kann auch vergängliche Ware sein. Ich bin eher der instrumentale Typ und stehe damit sicher nicht allein.“
Piazzolla bläst über seinen Kaffee. „Ich weiß auch nicht. Eigentlich muss man unsere Musik unmittelbar erleben, dann springt der Funke über. Denkt an die Begeisterungsfähigkeit der Amerikaner, jeder von uns war ja schon dort. Und ja, ich sehe im Tango viele Möglichkeiten.“
Guastavino pflichtet ihm bei: „Ja, man muss dabei sein, wenn gespielt wird. Aber was kommt? All diese modernen Techniken – Radio, Schallplatte, Tonband – die Musik wird verbreitet und dauerhaft konserviert, aber sie wird unpersönlich!“
Villa-Lobos lacht. „Mut, mein Junge! Die Leute werden tanzen zur Schallplatte, sie werden am Radio sitzen und mitsingen! Und natürlich gibt es auch weiterhin Konzerte – auch noch im Jahr 2000 und weit darüber hinaus!“
Ginastera hebt sein Glas. „Also gut – lasst uns für die Zukunft schreiben! Für Orchester, für Solisten, vielleicht singen sogar Chöre irgendwo auf der Welt unsere Musik, wenn wir längst nicht mehr sind! Lasst uns die Menschen bewegen!“
Auch die anderen erheben sich.
„Escribamos bailable y cantable!“, ruft Villa-Lobos.
Piazzolla strahlt. „ja – tanzbar und singbar, ein schönes Motto!“
Alle Noten überschreiben: „ballabile et cantabile!“ ergänzt Ginastera.
Sie stoßen an.
„Cantabile, Cantabile“ sinniert Guastavino; „eigentlich ein schöner Name für einen Chor“.

Er hatte ja so recht. Und ziemlich genau 80 Jahre nach dieser denkwürdigen Runde – die nie stattgefunden hat – probt ein Chor dieses Namens Lieder von ihm und seinen Kollegen für deren nächstes Konzert am 22.03.26 um 17:00 Uhr in der Matthäuskirche in Gerlingen-Waldsiedlung!
Konzertankündigung | Musik verbindet
Mit unserem nächsten Konzert setzen wir ein Zeichen mit Musik aus vier Kontinenten.
🗓️ Sonntag, den 22.03.2026
🕒17.00 Uhr
📍Matthäuskirche in Gerlingen-Waldsiedlung
